Am 12. April wird Gretel Bergmann 100 Jahre alt

06.04.2014: (mg) - Ein Beitrag dazu von Johannes Gerdes:

                   Gretel Bergmann

                               „Hitlers unerwünschte Favoritin“

so überschrieb Uwe Schmitt in der Tageszeitung „DIE WELT“ am 27.August 2004, einen Tag vor der Hochsprungentscheidung bei den Olympischen Spielen in Athen, den Bericht über seinen Besuch bei Margaret Lambert in New York.

Sie selbst überschrieb ihre Erinnerungen, die 2003 in der Reihe „Südwestdeutsche Persönlichkeiten“ erschien, mit „Ich war die große jüdische Hoffnung“.

„Wenn sich Margaret Lambert ein deutsches Wort erlaubt und die Selbstzensur hintertreibt, die sie seit bald 70 Jahren (mittlerweile bald 80) gegen die Sprache ihrer Mutter und ihrer Peiniger schützt, leuchtet der weiche schwäbische Tonfall auf. „Turnverein“ sagt sie einmal so Schwäbisch, als sie von ihrem verehrten Vater spricht. „Eingebildet“, als das Amerikanische ihr nicht liefern kann, was manche Leute wohl damals über sie sagten. So ähnlich muss sie geklungen haben: Gretel Bergmann aus Laupheim bei Ulm, die Weltklasse-Hochspringerin und Medaillenhoffnung für die Sommerspiele 1936. Bevor man ihr die Sprache raubte und die Heimat und den Glauben an die Menschheit.“ „Gold“, beendet sie kategorisch jede Spekulation über ihren Rang 1936: „Gold, nichts anderes wäre es gewesen. Gold. Ich sprang immer höher, je wütender ich war.“

„ Vor 100 000 Menschen zeigen, was ein jüdisches Mädchen vermag, das wäre der Himmel gewesen“.
Hätte ich die Medaille jedoch gewonnen, wäre ich umgebracht worden.“

Der Brief kam, datiert vom 16. Juli 1936- einen Tag nachdem die Amerikaner sich nach Deutschland eingeschifft hatten und später am Zolltor „Roter Sand“ in Bremerhaven deutschen Boden betreten hatten. Es war eine Ausladung und eine unverschämte Lüge dazu: „Der Reichssportführer (Hans von Tschammer und Osten) hat es nicht vermocht.... Unbeständige Leistungen *....“ Sie habe nicht im Ernst erwarten können, in den Kader aufgenommen zu werden. Eine Stehplatzkarte für das Olympiastadion könne gewährt werden. „Heil Hitler“
 
* Gretel Bergmann hat im Juni 1936 den Deutschen Rekord mit 1.60 m eingestellt.
 
Der Hochsprung der Frauen war 1936 übrigens die einzige Disziplin, die von der Deutschen Mannschaftsführung nicht mit den möglichen drei Aktiven besetzt worden war. Elfriede Kaun aus Kiel (3.) und Dora Ratjen aus Bremen (4.) waren am Start. Über letztere hat ja Volker Kluge bei seinem Festvortrag zum 60-jährigen Bestehen des Bremer Leichtathletik-Verbandes vor fünf Jahren unter dem Titel  „Skandal um „Dora“ und der „Fall Gretel Bergmann“ ausführlich referiert.

Um gegenüber der Weltöffentlichkeit behaupten zu können, man halte den dritten Platz für die „verletzte“ Gretel Bergmann frei, blieb dieser unbesetzt. Es blieb der einzige Wettbewerb, der nicht mit den möglichen drei Aktiven besetzt worden ist.

Dazu ein Zitat von Elfriede Kaun in einer Sendung des Deutschlandfunks am 13.04.2009: „Ich habe mich erkundigt, was ist mit Gretel Bergmann? Die ist verletzt, sobald sie wieder gesund ist, kommt sie, der Weg bleibt frei. Und damit haben wir gerechnet, und alle haben es geglaubt. Erst viel später ist uns das klar geworden. Dora Ratjen wurde in dieser Sendung übrigens überhaupt nicht erwähnt.


1980: Gretel Bergmann wird in die International Jewish Sports Hall of Fame aufgenommen.

1995: Gretel Bergmann wird in die  US-amerikanische National Jewish Hall of Fame and Museum aufgenommen.

1999: Gretel Bergmann erhält den Georg von Opel-Preis. 2009: Der Deutsche Leichtathletik-Verband erkennt den Bergmann-Rekord aus dem Jahr 1936 an.

2012: Gretel Bergmann wird in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen.


Gretel Bergmanns Lebensgeschichte wurde drei Mal verfilmt:
1.        „Die Angst sprang mit“ - SWR 2004
2.        „Hitler`s Pawn – The Margaret-Lambert Story – HBO 2004
3.        „Berlin 36“, Deutschland 2009